Pressemitteilung 5/2018 vom 18.10.2018
Rechtsprechung des Landgerichts München I in Zivilsachen
Pressesprecher: Richter am LG Habereder
Der Europäische Gerichtshof hat in einem heute verkündeten Urteil die Rechtsansicht des Landgerichts München I zum Filesharing bestätigt.
Ein deutscher Verlag verlangt vor dem Landgericht München I Schadensersatz, weil eines der von ihm verlegten Hörbucher über den Internetanschluss des Beklagten in einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten wurde (Az. 21 S 24454/14). Der Beklagte bestreitet, die Urheberrechtsverletzung selbst begangen zu haben – schließlich hätten auch weitere Familienangehörige Zugriff gehabt; nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art einer etwaigen Nutzung des Anschlusses durch Familienangehörige hat er allerdings nicht preisgegeben. Der Bundesgerichtshof hatte in einem anderen Rechtsstreit in Anbetracht des Grundrechts auf Schutz des Familienlebens geurteilt, weitergehender Mitteilungen des Anschlussinhabers bedürfe es auch nicht.
Aufgrund dieser Rechtsprechung hat das Landgericht München I in dem Verfahren mit dem Az. 21 S 24454/14 eine Vorlagefrage an den Europäischen Gerichtshof gemacht. Denn die 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vertritt die Ansicht, dass es der Schutz geistigen Eigentums nach europäischem Recht nicht zulässt, einem durch Filesharing geschädigten Verlag gänzlich die Möglichkeit eines Schadensersatzes zu nehmen. Dies wäre jedoch ggf. die Folge der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gewesen, wenn aufgrund lediglich vager Behauptungen weder der Anschlussinhaber noch ein Familienangehöriger, der Zugriff auf den entsprechenden Anschluss hatte, Schadensersatz leisten müsste.
Auf die Vorlage hin hat der Europäische Gerichtshof nun die Rechtsansicht der 21. Zivilkammer bestätigt:
Die Feststellung der Identifizierung des Täters einer Urheberrechtsverletzung darf nicht dadurch unmöglich gemacht werden, dass der Anschlussinhaber ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war, nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Nutzung des Anschlusses durch dieses Familienmitglied aber nicht mitteilt. Das – so der Europäische Gerichtshof – stellt nämlich eine „qualifizierte Beeinträchtigung der dem Inhaber des Urheberrechts zustehenden Grundrechte auf einen wirksamen Rechtsbehelf“ gegen Rechtsverletzungen dar.