Arbeitsgericht Hagen, 5 Ca 1902/17
T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe gegenüber der schwerbehinderten Klägerin ausgesprochenen ordentlichen Änderungskündigung.
Die 1972 geborene, ledige und mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Klägerin (siehe die Kopie des Schwerbehindertenausweises auf Bl. 39 der Akte) wurde von der Firma C. W GmbH & Co. KG aus I mit dem Anstellungsvertrag vom 18.03.2010 (Bl. 31 bis 34 der Akte) ab dem 01.05.2010 als kaufmännische Mitarbeiterin für die Abteilung Verkauf eingestellt. Der Nachtrag vom 15.06.2012 (Bl. 35 und 36 bzw. Bl. 175 und 176 der Akte) zu diesem Arbeitsvertrag sieht ab dem 01.08.2012 ein monatliches Bruttogehalt „gemäß ERA Entgeltgruppe 12.1 zuzüglich einer Leistungszulage in Höhe von derzeit 10 %“ bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 40 Stunden bzw. 174 Stunden pro Monat vor. Im Wege eines Betriebsübergangs ist dann mit Wirkung zum 01.01.2014 auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Firma C. W GmbH & Co. KG auf die Beklagte übergegangen, bei der insgesamt knapp 800 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Im Unternehmen der Beklagten kommt ein Haustarifvertrag zur Anwendung, der im Wesentlichen die Regelungen der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens in Bezug nimmt. Bei einer Einstufung in die „EG 12/02“ des ERA erhielt die Klägerin für den Monat Juli 2017 ein Gesamtentgelt in Höhe von 5.329,51 Euro brutto (vgl. die Kopie der Abrechnung auf Bl. 37 und 38 der Akte).
Mit Datum vom 13.12.2016 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat den „Interessenausgleich und Sozialplan zur Betriebsänderung zum 01. Februar 2017 (Reorganisation)“ (Kopie auf Bl. 90 bis 93 der Akte) ab. Nach der dortigen Regelung in § 1 Satz 1 gilt diese Betriebsvereinbarung für alle Beschäftigten an allen Standorten der Beklagten, „die von der geplanten Einführung des ERP-Systems SAP (Supply-Chain-Module) betroffen sind und deren Abteilungen in diesem Zuge zu reorganisieren sind“. Es folgt in § 1 Satz 2 eine Aufzählung der davon betroffenen Beschäftigten, darunter die „Kostenstelle 1020851 Verkauf 1“, bei dem es sich um den Bereich handelt, zu dem die Klägerin gehörte. Nach § 1 Satz 3 des Interessenausgleichs und Sozialplans sind die betroffenen Beschäftigten in Anlage 1 aufgeführt. In § 2 heißt es zu den Zielen der Reorganisation wie folgt: „Der Arbeitgeber nimmt die Einführung des neuen ERP-Systems SAP zum Anlass, Geschäftsprozesse hinsichtlich der Ablauforganisation so zu verändern, dass sie den Wertschöpfungsprozess des Unternehmens optimal unterstützen und der SAP-Infrastruktur besser entsprechen. Die neuen Geschäftsprozesse erfordern eine neue Aufbauorganisation. Durch die Reorganisation sollen die bisherigen Strukturen in die neue Aufbauorganisation überführt werden, so dass die Arbeitsabläufe ab dem 01. Februar 2017 im Rahmen der neuen Geschäftsprozesse Anwendung finden können. Die Einführung von SAP erfolgt voraussichtlich zum 01. August 2017“. Nach der Regelung in § 3 ist geplant, die bestehende Aufbauorganisation zum 01. Februar 2017, unabhängig vom tatsächlichen Zeitpunkt der SAP-Einführung, in die in Anlage 2 (Kopie auf Bl. 94 der Akte) dargestellte Organisationsstruktur zu überführen. Während es in § 4 um die „Überführung der Beschäftigten“ in die neue Aufbauorganisation unter Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz geht, sieht § 5 die Einstellung und Übergabe der neuen ERA-Aufgabenbeschreibungen an den Betriebsrat frühestens ab dem 01.09.2017 sowie eventuell erforderliche Umgruppierungen frühestens ab dem 01.01.2018 vor. § 6 regelt im Einzelnen die Entgeltsicherung bei Abgruppierungen durch die Neufassungen von „ERA-Aufgabenbeschreibungen“, die über die tarifvertragliche Entgeltsicherung für die Dauer von 12 Monaten deutlich hinausgeht. Schließlich bestimmt § 7, dass für die in Anlage 1 genannten Beschäftigten betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2020 ausgeschlossen werden. Wegen der weiteren Regelungen in dem „Interessenausgleich und Sozialplan zur Betriebsänderung zum 01. Februar 2017 (Reorganisation)“ vom 13.12.2016 nebst der vorgelegten Anlage 2 wird auf den Inhalt der Kopien auf Bl. 90 bis 94 der Akte verwiesen und Bezug genommen.
Wie im Interessenausgleich und Sozialplan vorgesehen, bot die Beklagte der Klägerin eine Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag (Kopie auf Bl. 95 der Akte) an, welche ab dem 01.08.2017 die Versetzung der Klägerin in das „Auftragszentrum/Auftragssteuerung“ vorsah. Dieses Angebot vom 12.05.2017 lehnte die Klägerin allerdings ab. Daraufhin beantragten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 27.06.2017 (Bl. 96 bis 100 der Akte) beim LWL-Integrationsamt Westfalen die Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende und der Unterbreitung des Angebots, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist in der „Auftragssteuerung“ mit den aufgelisteten Tätigkeiten und zunächst der bisherigen Vergütung „gemäß ERA Entgeltgruppe 12.1 zuzüglich der Leistungszulage“ fortzusetzen. Mit dem Schreiben vom 29.06.2017 (Bl. 107 bis 111 der Akte) informierte die Beklagte den Betriebsrat über die gegenüber der Klägerin nach Zustimmung des Integrationsamtes beabsichtigte Änderungskündigung und bat diesen, binnen Wochenfrist schriftlich Stellung zu nehmen. Ebenfalls am 29.06.2017 wurde dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden W1 ein inhaltlich identisches Schreiben vom 29.06.2017 (Bl. 196 bis 200 der Akte) zur Weitergabe an die Schwerbehindertenvertretung überreicht. Während die Schwerbehindertenvertretung eine eigene Stellungnahme nicht abgab, widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Änderungskündigung mit seinem Schreiben vom 06.07.2017 (Bl. 113 der Akte) im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Änderungskündigung überflüssig und nicht verhältnismäßig sei, weil keine tatsächliche Änderung gegenüber der bisherigen Tätigkeit der Klägerin im Vertrieb vorliege, sondern es sich um eine rein nominelle Versetzung in die neu geschaffene Abteilung Auftragszentrum handele.
Mit dem Bescheid vom 22.09.2017 (Kopie auf Bl. 43 bis 48 bzw. Bl. 101 bis 106 bzw. Bl. 183 bis 188 der Akte) erteilte das LWL-Integrationsamt Westfalen die Zustimmung zur Änderungskündigung mit der Maßgabe, dass die Klägerin „als kaufmännische Mitarbeiterin im Auftragszentrum / in der Auftragssteuerung mit den im Antrag beschriebenen Aufgaben bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen (insbesondere gleiche Vergütung) weiterbeschäftigt wird“. In den Entscheidungsgründen ist u. a. ausgeführt worden, dass die von der Beklagten beantragte Änderung des Arbeitsvertrages angemessen sei, da die Klägerin zunächst weiterhin die bisherige Vergütung erhalte; da die Beklagte aber im Jahre 2018 die Eingruppierung der Klägerin entsprechend der im Interessenausgleich abgeschlossenen Vereinbarung überprüfen wolle, könne das Integrationsamt nicht ausschließen, dass die Klägerin in Zukunft eine geringere Vergütung erhalte; falls die Vergütung dann um mehr als 15 % niedriger ausfallen würde, müsste die Beklagte im Falle der Ablehnung durch die Klägerin erneut die Zustimmung zu einer Änderungskündigung beantragen. Wegen des weiteren Inhalts des Zustimmungsbescheids vom 22.09.2017, gegen den die sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit dem Schreiben vom 17.10.2017 (Bl. 49 und 50 der Akte) Widerspruch eingelegt und diesen mit dem Schreiben vom 03.01.2018 (Bl. 179 bis 181 der Akte) begründet hat, wird auf die Kopien auf Bl. 43 bis 48 bzw. Bl. 101 bis 106 bzw. Bl. 183 bis 188 der Akte verwiesen und Bezug genommen.
Mit dem der Klägerin am selben Tage zugegangenen (siehe das „Übergabeprotokoll“ auf Bl. 117 der Akte) Schreiben vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) sprach die Beklagte die ordentliche Änderungskündigung „unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.12.2017, hilfsweise zum zunächst zulässigen Termin“ aus und bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.01.2018 als kaufmännische Mitarbeiterin im Auftragszentrum/Auftragssteuerung mit den im Einzelnen aufgelisteten Tätigkeiten ansonsten „bei den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen“ an. Sowohl mit ihrem eigenen Schreiben vom 27.10.2017 (Bl. 52 der Akte) als auch mit dem Schreiben ihrer sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2017 (Bl. 51 der Akte) nahm die Klägerin das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt, dass dieses nicht sozial ungerechtfertigt ist, an. Mit ihrer am selben Tage vorab per Telefax (Bl. 1 bis 4 der Akte) beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage vom 03.11.2017 (Bl. 27 bis 30 der Akte) wendet sich die Klägerin gegen diese Änderungskündigung.
Die Klägerin beruft sich auf die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung und sie bestreitet das Vorliegen von dringenden betrieblichen Erfordernissen, die die Änderung ihrer bisherigen Arbeitsbedingungen begründen würden. Die Rechtsunwirksamkeit der Änderungskündigung ergebe sich bereits daraus, dass deren Ausspruch im Rahmen eines „langwierigen Prozesses“ und losgelöst davon erfolgt sei, wann für den konkreten Arbeitsplatz genau die geplante Umorganisation im Einzelnen stattfinden würde. Außerdem sei die Änderungskündigung ohnehin überflüssig, weil es sich um eine rein nominelle Versetzung in das „Auftragszentrum“ handele und sie weiterhin die gleichen Tätigkeiten wie vor der Reorganisation verrichten würde, insbesondere auch die beispielhaft in ihrem Schriftsatz vom 26.02.2018 auf Seite 5 (Bl. 163 der Akte) aufgelisteten Arbeitsvorgänge. Letztlich habe die Beklagte lediglich eine räumliche Trennung zwischen Vertrieb und Backoffice mit der Zuordnung von neuen Vorgesetzten durchgeführt, während von einer tatsächlichen Unterscheidung zwischen diesen beiden Bereichen keine Rede sein könne. Gerade bei hohem Arbeitsaufkommen und der erforderlichen Vertretung von erkrankten oder im Urlaub befindlichen Mitarbeitern werde die Trennung nicht streng durchgeführt.
Im Übrigen sei der Zustimmungsbescheid des LWL-Integrationsamts Westfalen vom 22.09.2017 (Bl. 43 bis 48 bzw. Bl. 101 bis 106 bzw. Bl. 183 bis 188 der Akte) wegen ihres Widerspruchs vom 17.10.2017 (Bl. 49, 50 der Akte) noch nicht rechtskräftig. Es komme hinzu, dass sich die Zustimmungsentscheidung nicht auf alle im Text des Änderungskündigungsschreibens vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) aufgelisteten Tätigkeiten erstrecken würde. Denn von der dort erwähnten „Durchführung der Konsi-Inventur“ sei im Zustimmungsbescheid keine Rede. Darüber hinaus führe zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Änderungskündigung der Umstand, dass die Beklagte den Betriebsrat nach Vorliegen der Zustimmung durch das LWL-Integrationsamt Westfalen nicht nochmals angehört habe, obwohl diese Zustimmung lediglich mit der fragwürdigen Einschränkung, dass insbesondere die Vergütung gleichbleiben müsse, erteilt worden sei.
Schließlich bestreitet die Klägerin die ordnungsgemäße Anhörung der im Betrieb der Beklagten bestehenden Schwerbehindertenvertretung vor Ausspruch der Änderungskündigung mit Nichtwissen. Aus dem Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 29.01.2018 auf Seite 5 (Bl. 87 der Akte) unter I. 6. ergebe sich nicht, wann, durch wen und in welcher Form die Schwerbehindertenvertretung beteiligt worden sei. Ohne vorherige ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung müsse die Änderungskündigung aber nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX bzw. § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX n. F. als unwirksam angesehen werden.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 16.10.2017 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die streitgegenständliche Änderungskündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Das ergebe sich durch die gesetzliche Vermutung nach § 1 Abs. 5 Kündigungsschutzgesetz, weil der von den Betriebsparteien abgeschlossene „Interessenausgleich und Sozialplan zur Betriebsänderung zum 01. Februar 2017 (Reorganisation)“ vom 13.12.2016 (Bl. 90 bis 93 der Akte) auch den bisherigen Arbeitsplatz der Klägerin im Bereich Verkauf 1 (Kostenstelle 1020851) erfasse und überdies deren Name in der Anlage 1 enthalten sei. Davon abgesehen habe sie sich dazu entschieden, die Betriebsabläufe im Rahmen einer Reorganisation anzupassen. Die Neuorganisation sehe ab dem 01.02.2017 die Entkoppelung von Vertrieb und Backoffice-Tätigkeiten vor, wobei die Sachbearbeitung jetzt zum neu gebildeten Auftragszentrum gehöre und sich im Bereich Auftragssteuerung befinde. Entgegen der bisherigen Struktur seien die Tätigkeiten zwischen dem neuen Vertriebsbereich und der Auftragssteuerung klar abgegrenzt. Aufgrund der Neuzuordnung und der dadurch notwendig gewordenen Neudefinition der einzelnen Arbeitsplätze habe sich auch das Tätigkeitsfeld der Klägerin geändert, wobei insbesondere der enge Kundenkontakt, also die Bearbeitung von Kundenanfragen, Reklamationen und Preisfindungen entfalle. In ihrem Interessenausgleich hätten sich die Betriebsparteien bewusst dazu entschieden, die Organisationsänderung bereits zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem das neue Programm noch nicht abschließend implementiert gewesen sei. Das ändere jedoch nichts daran, dass ihre Organisationsentscheidung zu einer veränderten Aufgabenbeschreibung für die Klägerin führe. Soweit diese übergangsweise andere Mitarbeiter vertreten müsse oder aber im Rahmen des schwierigen Veränderungsprozesses zeitweise anderweitige Tätigkeiten zugewiesen erhalte, spreche dies nicht gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Änderungskündigung. Der Durchführung einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft, weil alle mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeiter/-innen auf der Grundlage von angepassten Arbeitsverträgen in die Auftragssteuerung versetzt worden seien.
Im Übrigen könne die Änderungskündigung auch nicht aus anderen Gründen beanstandet werden. Sowohl der Betriebsrat als auch die Schwerbehindertenvertretung seien jeweils ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Integrationsamt habe mit seinem Bescheid vom 22.09.2017 (Bl. 43 bis 48 bzw. Bl. 101 bis 106 bzw. Bl. 183 bis 188 der Akte) der Änderungskündigung vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) zuvor zugestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 06.03.2018 ist unter anderem auch die im Schriftsatz der Klägerin vom 26.02.2018 (Bl. 159 bis 174 der Akte) problematisierte Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und damit die im Zeitpunkt des Kündigungszugangs am 16.10.2017 geltende Regelung des § 95 Abs. 2 SGB IX erörtert worden (siehe das Sitzungsprotokoll vom 06.03.2018 auf Seite 1, Bl. 193 der Akte).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
Dem von der Klägerin zur Entscheidung gestellten Änderungsschutzantrag war mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten am 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist (§ 4 Satz 2 Alternative 2 Kündigungsschutzgesetz).
Dabei kann dahinstehen, ob sich die streitgegenständliche Änderungskündigung bereits als sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz erweist. Ebenfalls offen bleiben kann, ob der Zustimmungsbescheid des LWL-Integrationsamts Westfalen vom 22.09.2017 (Kopie auf Bl. 43 bis 48 bzw. Bl. 101 bis 106 bzw. Bl. 183 bis 188 der Akte) zu beanstanden ist. Dasselbe gilt für die Anhörung des Betriebsrats mit dem Schreiben vom 29.06.2017 (Bl. 107 bis 111 der Akte) und dabei insbesondere die Frage, ob die Beklagte den Betriebsrat über die vom Integrationsamt bei seiner Zustimmung vorgenommene Einschränkung, dass die Vergütung sich nicht ändern dürfe, hätte informieren müssen.
Jedenfalls folgt die Rechtsunwirksamkeit der Änderungskündigung vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) aus § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX seit dem 01.01.2018). Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde. Die Beklagte hätte die Schwerbehindertenvertretung bereits vor der Stellung des Zustimmungsantrags beim Integrationsamt unterrichten und anhören müssen.
Wegen dieses rechtlichen Mangels der Kündigungserklärung war der Kündigungsschutzklage trotz der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt durch die Klägerin stattzugeben.
1.
Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Damit regelt § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ein dreistufiges Verfahren (so Schmitt, BB 2017, 2293, 2296 unter IV. 3.).
Seit dem 30.12.2016 wurde außerdem als zusätzliches Wirksamkeitserfordernis für die Kündigung schwerbehinderter und gleichgestellter Menschen auch die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung statuiert (Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369 unter II.). Der neu eingeführte § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung bestimmt, dass die Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach Satz 1 ausspricht, unwirksam ist. Die Unwirksamkeitsfolge tritt auch bei einer fehlerhaften Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ein, weil in diesem Fall ebenfalls keine Beteiligung nach Satz 1 vorliegt (so Klein, NJW 2017, 852, 856 unter III. 3. mit weiteren Nachweisen).
Weil die arbeitsrechtlich relevante Neuregelung als Teil der „Reformstufe 1“ bereits zum 31.12.2016 am Tag nach Verkündung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Kraft getreten ist (Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369 unter II. 2.), hat die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung seitdem im Kündigungsschutzprozess Relevanz. Denn die in § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ab dem 01.01.2018 neu aufgenommene individualrechtliche Sanktionsregelung gilt nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in der Fassung vom 23.12.2016 bereits seit dem 30.12.2016 (Klein, NJW 2017, 852, 853 f. unter III.).
2.
Auf dieser Grundlage ergibt sich hier, dass die Beklagte die Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß beteiligt hat, was zur Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Änderungskündigung vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 bis 116 der Akte) nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung führt.
a)
Die Pflicht des Arbeitgebers zur Anhörung der Schwerbehindertenvertretung besteht bei allen Kündigungen und damit auch bei Änderungskündigungen schwerbehinderter oder gleichgestellter Arbeitnehmer (vgl. Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 178 SGB IX, Randnummer 8). Diese Pflicht besteht auch unabhängig davon, dass das Integrationsamt gemäß § 87 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung einzuholen hat. Eine solche Stellungnahme im behördlichen Zustimmungsverfahren ersetzt die Anhörung nicht (so Lingemann/Steinhauser, NJW 2017, 1369, 1371 unter II. 4.).
b)
Vorliegend hat die Beklagte das damit erforderliche Verfahren der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung durchgeführt.
Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 29.01.2018 auf Seite 5 (Bl. 87 der Akte) unter I. 5. und 6. wurde zunächst mit dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2017 (Bl. 96 bis 100 der Akte) beim LWL-Integrationsamt Westfalen die Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin beantragt und erst danach mit dem Schreiben vom 29.06.2017 (Bl. 196 bis 200 der Akte) die Schwerbehindertenvertretung angehört sowie um Stellungnahme gebeten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 06.03.2018 ist dieser Vortrag dahingehend ergänzt worden, dass dieses Schreiben an die Schwerbehindertenvertretung vom 29.06.2017 betreffend der beabsichtigten Änderungskündigung gegenüber der Klägerin am gleichen Tage dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Herrn W1 zur Weiterleitung an die Schwerbehindertenvertretung überreicht worden sei (siehe das Sitzungsprotokoll vom 06.03.2018 auf Seite 1,Bl. 193 der Akte).
Mit dieser Vorgehensweise hat sich die Beklagte jedoch nicht an die Vorschrift des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung gehalten. Danach muss die Unterrichtung „unverzüglich und umfassend“ erfolgen. Die Unverzüglichkeit fordert vom Arbeitgeber, die Schwerbehindertenvertretung ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) anzuhören, sobald er seinen Kündigungswillen gebildet hat. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung muss daher am Beginn der vom Arbeitgeber zu treffenden Maßnahmen stehen. Die Zustimmung des Integrationsamts darf erst danach beantragt werden (vgl. Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 178 SGB IX, Randnummer 9 mit weiteren Nachweisen).
Deshalb ist die Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung nach zutreffender Auffassung nur dann unverzüglich, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung vor dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nach den §§ 85 ff. SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (jetzt: §§ 168 ff. SGB IX) unterrichtet und anhört (Esser/Isenhardt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Auflage 2018, § 178 SGB IX, Randnummer 26 mit weiteren Nachweisen). Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (jetzt: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) und wird durch dessen Zweck, der Schwerbehindertenvertretung eine Mitwirkung an der Willensbildung des Arbeitgebers zu ermöglichen, unterstrichen. Damit stellt diese Vorschrift auf einen früheren Zeitpunkt ab als § 102 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz, der lediglich eine Anhörung „vor jeder Kündigung“ verlangt. Aufgrund der nach § 85 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung erforderlichen Zustimmung des Integrationsamts fällt die Entscheidung über die Kündigung allerdings regelmäßig schon deutlich vor dem Ausspruch der Kündigung. Den Anforderungen des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung ist daher nicht bereits damit Genüge getan, dass die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor dem Ausspruch der Kündigung abgeschlossen ist. Vielmehr muss die Unterrichtung und Anhörung bereits abgeschlossen sein, bevor der Antrag beim zuständigen Integrationsamt gestellt wird. Ist dagegen der Antrag auf Zustimmung schon gestellt, hat der Arbeitgeber seine Willensbildung bereits abgeschlossen und seinen Willen nach außen erkennbar manifestiert. In diesem Fall würde die Schwerbehindertenvertretung nicht mehr an der Willensbildung mitwirken, sondern könnte nur noch darauf hinwirken, dass der Arbeitgeber seine bereits getroffene Entscheidung revidiert (Klein, NJW 2017, 852, 854 unter III. 1. a)).
Nach alledem ist es mit Blick auf die kongruenten Normzwecke und den inneren Zusammenhang der §§ 85 und 95 Abs. 2 SGB IX zwingend, die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vor der Antragstellung beim Integrationsamt einzuholen (so Schmitt, BB 2017, 2293, 2298 unter IV. 5.). Demgegenüber führt es zur Unwirksamkeit des Beteiligungsverfahrens nach § 95 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung, wenn der Arbeitgeber – wie hier die Beklagte – zuerst den Zustimmungsantrag beim Integrationsamt stellt und erst dann die Schwerbehindertenvertretung anhört (vgl. Bayreuther, NZA 2017, 87, 90 unter IV. am Ende).
c)
Die nachträgliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung mit dem Schreiben der Beklagten vom 29.06.2017 (Bl. 196 bis 200 der Akte) ändert hieran nichts.
Würde diese nachträgliche Beteiligung im Rahmen der Sanktionsregelung des § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung berücksichtigt, bliebe diese Neuregelung weitestgehend ohne Folgen. Anliegen des Gesetzgebers war es jedoch, die Rechte der Schwerbehindertenvertretung zu stärken und deren Beteiligung zu sichern (Klein, NJW 2017, 852, 855 unter III. 2. mit weiteren Nachweisen).
Vor diesem Hintergrund kann die Anhörung nicht nachgeholt werden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung), da Satz 3 nur auf Satz 1 Bezug nimmt (Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, § 178 SGB IX, Randnummer 9 mit weiteren Nachweisen). Auch der Zweck des Unterrichtungs- und Anhörungsrechts, der Schwerbehindertenvertretung eine Mitwirkung an der Willensbildung des Arbeitgebers zu ermöglichen, spricht gegen eine Berücksichtigung der nachträglichen Beteiligung. Hat der Arbeitgeber bereits einen Zustimmungsantrag gestellt, ist die Willensbildung abgeschlossen und eine Mitwirkung an derselben nicht mehr möglich. Wurde aber – wie hier – die Kündigungsentscheidung ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung getroffen und der Zustimmungsantrag gestellt, bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen und nach ordnungsgemäßer Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung einen erneuten Antrag zu stellen (so Klein, NJW 2017, 852, 856 unter III. 2. am Ende).
Damit hat die Nachholung der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung mit dem Schreiben der Beklagten vom 29.06.2017 (Bl. 196 bis 200 der Akte) nach Stellung des Zustimmungsantrags vom 27.06.2017 (Bl. 96 bis 100 der Akte) beim LWL-Integrationsamt Westfalen nicht zur Heilung der zuerst unterbliebenen bzw. fehlerhaften Beteiligung geführt. Vielmehr ist es bei der Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Änderungskündigung vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. 114 bis 116 der Akte) geblieben (vgl. Klein, NJW 2017, 852, 856 unter V. 3.).
3.
Die nicht ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung hat zur Folge, dass einer Kündigungsschutzklage stattzugeben ist (Söhngen, in: Däubler/Deinert/Zwanziger, KSchR-Kündigungsschutzrecht, Kommentar für die Praxis, 10. Auflage 2017, § 95 SGB IX, Randnummer 11).
Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, dass es um eine Änderungsschutzklage gemäß § 4 Satz 2 Kündigungsschutzgesetz geht und die Klägerin das Änderungsangebot der Beklagten sowohl mit ihrem eigenen Schreiben vom 27.10.2017 (Bl. 52 der Akte) als auch mit dem Schreiben ihrer sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2017 (Bl. 51 der Akte) unter Vorbehalt angenommen hat.
a)
Die Änderungskündigung im Sinne des § 2 Kündigungsschutzgesetz ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zu der auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Kündigungserklärung tritt als zweites Element das Angebot zu seiner Fortsetzung unter geänderten vertraglichen Bedingungen hinzu. Auch wenn die Änderungskündigung im Ergebnis lediglich auf eine Änderung der Vertragsbedingungen zielt, handelt es sich bei ihr doch – wegen der mit ihr verbundenen Kündigungserklärung – um eine „echte“ Kündigung. Diese unterliegt allen formalen Anforderungen, die an die Wirksamkeit einer Kündigung zu stellen sind. Die jeweiligen Vorgaben muss der Arbeitgeber vor Zugang der Kündigungserklärung und unabhängig von einer Ablehnung oder (Vorbehalts-) Annahme des Änderungsangebots beachten. Werden die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung missachtet, ist dies auch bei Annahme des Änderungsangebots rechtlich von Bedeutung, wenn die Annahme unter Vorbehalt erfolgt. Auch der Arbeitnehmer, der das Angebot auf Änderung seiner Arbeitsbedingungen gemäß § 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen hat, kann sich im Änderungsschutzprozess darauf berufen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei schon aus einem anderen Grund als dem ihrer Sozialwidrigkeit unwirksam (so BAG, Urteil vom 20.02.2014 – 2 AZR 346/12 -, NZA 2014, 1069, 1072 unter B. II. 3. d) bb) der Gründe, Randnummer 38 mit weiteren Nachweisen.
b)
Die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt lässt zwar die Beendigungswirkung der Kündigung entfallen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien soll in jedem Fall – und sei es zu geänderten Arbeitsbedingungen – fortgesetzt werden. Damit wird jedoch der Umstand, dass der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen mit Hilfe einer Kündigung durchzusetzen versucht hat, nicht bedeutungslos. Ein Arbeitnehmer, der die ihm „unter dem Druck“ einer Kündigung angesonnene Vertragsänderung unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz annimmt, bringt damit in der Regel gerade nicht zum Ausdruck, er wolle „andere Gründe“ im Sinne des § 4 Satz 2 Alternative 2 Kündigungsschutzgesetz, die zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führen könnten, nicht geltend machen. Er gibt regelmäßig nicht zu erkennen, auf sonstige Rechtsmängel wie eine fehlerhafte Anhörung des Betriebsrats (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz), das Fehlen einer vorherigen Zustimmung des Integrationsamts (§ 85 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung; jetzt: § 168 SGB IX) oder das Fehlen einer Zulässigerklärung durch die zuständige Stelle solle es nicht ankommen. Wenn bei Ablehnung des Änderungsangebots die Kündigung aus „anderen Gründen“ unwirksam wäre und das Arbeitsverhältnis schon deshalb unverändert fortbestünde, soll diese Rechtsfolge auch dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer die ihn mit Hilfe einer Kündigung „aufgezwungenen“ Änderungen der Arbeitsbedingungen vorläufig akzeptiert (BAG, Urteil vom 22.10.2015 – 2 AZR 124/14 -, NZA 2016, 225, 227 f. unter A. II. 2. b) der Gründe, Randnummer 30).
In diesem Sinn muss ein Arbeitgeber, gedacht als sorgfältiger Erklärungsempfänger, den Vorbehalt in der Regel verstehen (§§ 133, 157 BGB). Ein Verzicht darauf, „andere Gründe“ im Sinne von § 4 Satz 2 Alternative 2 Kündigungsschutzgesetz geltend zu machen, müsste ausdrücklich oder doch nach den Umständen eindeutig erklärt sein (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1998 – 2 AZR 615/97 -, NZA 1998, 1167, 1168 unter II. 3. b) der Gründe).
Von einer solchen Erklärung der Klägerin kann hier aber keine Rede sein. Vielmehr hat sie sich in ihrem Schriftsatz vom 26.02.2018 auf Seite 12 (Bl. 170 der Akte) sogar ausdrücklich darauf berufen, dass die Änderungskündigung ohne vorherige ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX bzw. § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX n. F. unwirksam ist. Auch mit dem in der Klageschrift vom 03.11.2017 auf den Seiten 1 und 2 (Bl. 27 und 28 der Akte) unter Ziffer 1. enthaltenen Feststellungsantrag hat die Klägerin klar zu erkennen gegeben, dass sie die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 16.10.2017 sowohl hinsichtlich ihrer Sozialwidrigkeit als auch wegen ihrer Rechtsunwirksamkeit „aus anderen Gründen“ angreifen will.
c)
Damit war antragsgemäß festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 16.10.2017 (Bl. 40 bis 42 bzw. Bl. 114 – 116 der Akte) aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist (§ 4 Satz 2 Alternative 2 Kündigungsschutzgesetz). Denn einer Klage gegen die Wirksamkeit einer Änderungskündigung ist bei einem „Fehler“ in der Kündigungserklärung – wie er hier mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorliegt – auch dann stattzugeben, wenn der Arbeitnehmer das „Änderungsangebot“ unter Vorbehalt angenommen hat (vgl. BAG, Urteil vom 22.10.2015 – 2 AZR 124/14 -, NZA 2016, 225, 228 unter A. II. 2. d) der Gründe, Randnummer 32).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz, § 495 Abs. 1 ZPO.
Der Beklagten waren die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil sie bei dem zur Entscheidung gestellten Antrag der Klägerin unterlegen ist und der im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 06.03.2018 zurückgenommene weitere Feststellungsantrag aus der Klageschrift vom 03.11.2017 auf Seite 2 (Bl. 28 der Akte) unter Ziffer 2. nicht zusätzlich zu bewerten war, weshalb er sich auch bei den Kosten nicht ausgewirkt hat.
III.
Die im Urteil gemäß § 61 Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz zu treffende Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes ist nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG sowie § 46 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz in Verbindung mit § 3 ZPO vorgenommen worden.
Die Höhe des festgesetzten Streitwertes für den zur Entscheidung gestellten Änderungsschutzantrag ergibt sich aus dem zweifachen Betrag des monatlichen Gesamtentgelts der Klägerin in Höhe von 5.329,51 Euro brutto (vgl. die Kopie der Abrechnung für Juli 2017 auf Bl. 37 und 38 der Akte). Denn im Änderungsschutzverfahren ist nach Annahme des Änderungsangebots mit dem Vorbehalt des § 2 Kündigungsschutzgesetz der Gegenstandswert in der Regel auf zwei Monatsvergütungen festzusetzen, womit dem allgemeinen anerkannten Grundsatz, dass die Festsetzung des Streitwerts möglichst einfach und vorausberechenbar sein soll, Rechnung getragen wird (so LAG Berlin, Beschluss vom 29.05.1998 – 7 Ta 129/97 -, NZA – RR 1999, 45, 46 mit weiteren Nachweisen). Das ist auch mit dem Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit vereinbar, wonach der Streit um eine Änderungskündigung bei Annahme unter Vorbehalt mit einer Monatsvergütung bis zu einem Vierteljahresverdienst je nach dem Grad der Vertragsänderung zu bewerten ist (NZA 2016, 926, 928 unter I. 4. 1).
Quelle: Urteil